Mehr Frauen fĂŒr die Branche â wie Frauen in technischen Berufen erfolgreich sind

Technische Berufe sind, traditionell betrachtet, sogenannte MĂ€nnerdomĂ€nen. Generell liegt die Quote der studierenden Frauen in MINT-FĂ€chern (kurz fĂŒr Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) im Jahr 2021 bei gerade mal 13,8 Prozent [Quelle: Statista]. In klassischen âMĂ€nnerberufenâ wie beispielsweise in der Maschinen- und Fahrzeugtechnik oder in der Metallerzeugung, -bearbeitung und dem Metallbau liegen die Frauenquoten bei noch geringeren 10,2 und 9,2 Prozent [Quelle: Statista, stand 30.06.2022]. Jedoch geben die Zahlen, wenn auch niedrig, im Kontext der Zeit betrachtet Hoffnung auf VerĂ€nderung. Es ist ĂŒber die Jahre eine stetige Zunahme zu erkennen, welche deutlich macht, dass sich zum Beispiel der Ingenieursberuf allmĂ€hlich fĂŒr mehr und mehr Frauen als Option eröffnet, wie auch auf INGENIEUR.de berichtet wird.
Sechs Frauen, sechs WerdegĂ€nge â technische Mitarbeiterinnen bei Mahr
Als groĂe UnterstĂŒtzer:innen von Frauen in unserer Branche und anlĂ€sslich des weltweiten Women in Engineering Day (Tag der Frauen in Ingenieursberufen) haben wir von Mahr Mitarbeiterinnen des Unternehmens unterschiedlichen Alters nach ihren WerdegĂ€ngen und ihren Meinungen zu Frauen in technischen Berufen befragt. Die GesprĂ€che zeigen eines ganz klar: So Ă€hnlich manche Erfahrungen und Lebenssituationen der unterschiedlichen Frauen auch sind, so divers und nicht linear sind ihre WerdegĂ€nge. Und genau das macht ihre Berichte hier so interessant.
Mit diesen sechs Frauen haben wir uns unterhalten:
- Franziska Herwig, Projektingenieurin
- Anna-Lena Goldmann, Industriemechanikerin FeingerÀtebau
- Nicola Kellner, Leitung Software R&D
- Vanessa Becker, Produktmanagerin
- Sabrina Skusa, Konstrukteurin & technische Redakteurin/ Dokumentation
- Patricia Johnen, Applikationsingenieurin
Lieblingsfach âMatheâ â wahr oder falsch?
Ganz den Erwartungen entsprechend haben fast alle unserer befragten technischen Mitarbeiterinnen bereits sehr frĂŒh Interesse an Mathematik und/ oder naturwissenschaftlichen FĂ€chern in der Schule gezeigt. Vor allem der Bereich âTechnikâ hat fĂŒr sie eine groĂe Faszination ausgeĂŒbt â sei es wie bei Nicola der Aspekt, RĂ€tsel zu lösen, oder wie bei Vanessa, Sabrina und Anna-Lena die Tatsache, dass Mathe und Zahlen ihnen von Natur aus zu lagen: âFĂŒr mich ist Technik selbsterklĂ€rend, es gibt nur richtig oder falschâ, sagt Anna-Lena.
Bei Franziska und Patricia sah es etwas anders aus â ihre Leidenschaft fĂŒr Technik hat sich erst im spĂ€teren Verlauf ihrer Karriere so richtig ausgebildet. Patricias Interessen waren zu Schulzeiten sehr vielseitig, und obgleich sie sich auch fĂŒr Technik erwĂ€rmen konnte, so war ihre Vorliebe fĂŒr Mathe und Zahlen eben eher eine Grundlage als eine Faszination. Und auch Franziska war zwar nicht schlecht in Mathe, aber ihr Fokus lag mehr auf den SprachfĂ€chern als den Naturwissenschaften. âPhysik war sogar gar nicht meins!â, meint sie schmunzelnd.
Franziska

Vorgelebt: der Einfluss der Familie
Neben der Schule gibt es in den WerdegĂ€ngen unserer Mitarbeiterinnen noch einen weiteren wichtigen Faktor, welcher sie auf ihren beruflichen Wegen geprĂ€gt hat: ihr soziales Umfeld bzw. ihre Familien. Anna-Lenas Vater ist Feinwerkmechaniker, und immer, wenn sie bei ihm in der Werkstatt war, hat sie ihm ĂŒber die Schulter schauen dĂŒrfen. Das, so sagt sie, habe sie fĂŒr ihren Berufsweg sehr geprĂ€gt. âMir ist der Geruch nach KĂŒhlmittel und Ăl immer in der Nase gebliebenâ, erinnert sie sich. Vanessa hat ebenfalls durch gemeinsame Handwerksprojekte mit ihrem Vater ihr handwerkliches Geschick entdeckt und ausgebildet, und Sabrina hat bei ihrer Tante eine technische Zeichnung gefunden, welche ihren Ehrgeiz geweckt hat, diese lesen zu können. Generell sei wichtig, dass innerhalb der Familie und der sozialen Strukturen junger Frauen eine groĂe Offenheit herrscht, finden die GesprĂ€chspartnerinnen. Lebt die Familie das stereotypische Rollenbild âMĂ€nnerberufâ und âFrauenberufâ vor oder strebt dieses sogar aktiv an, so hat dies oft unmittelbare Auswirkungen auf die Entwicklung. Franziska findet: âTeilweise wird das schon von klein auf geprĂ€gt, zum Beispiel mit Spielzeug und einer rosa KĂŒche fĂŒr MĂ€dchen â aber Jungs dĂŒrfen auch mit Puppen spielen!â Wenn sich Angst vor einem Rollenbild erst einmal etabliert hat, dann seien vor allem junge Frauen massiv gehemmt, den Mut aufzubringen sich in der MĂ€nnerdomĂ€ne zu behaupten.
Anna-Lena

Die Bedeutung von Weiterbildung und davon, sich auszuprobieren
Nicht immer wissen junge Menschen zum Ende ihrer Schulausbildung bereits, in welche Richtung sie sich beruflich entwickeln möchten â oder sie kennen die Richtung, aber noch nicht das konkrete Berufsziel. Von unseren sechs Mitarbeiterinnen haben nur zwei, nĂ€mlich Anna-Lena und Sabrina, den direkten Weg in ihren Beruf gefunden. Die anderen Frauen haben sich durch Weiterbildung und/oder Umorientierung in verschiedenen Richtungen in ihrem Beruf etabliert â und zwar sehr erfolgreich. Ein beeindruckendes Beispiel hierfĂŒr ist Nicola: Sie hat nach dem Abitur zunĂ€chst âFachĂŒbersetzen Technikâ studiert, aber im Laufe ihrer Karriere gemerkt, dass sie sich fĂŒr die noch tiefer gehenden technischen Themen interessiert. Daher hat sie, wĂ€hrend sie bei Mahr bereits als Assistenz der Entwicklungsleitung angestellt war, mit 37 Jahren ein berufsbegleitendes Studium der Medieninformatik absolviert â und ist schlieĂlich ĂŒber weitere Stationen aufgestiegen in ihrer Karriere als FĂŒhrungspersönlichkeit. Ein weiteres Beispiel ist Patricia, auch ihr Werdegang ist nicht linear: Sie hat zunĂ€chst eine Ausbildung als Vermessungstechnikerin durchlaufen, im Anschluss dann âangewandte GeodĂ€sieâ studiert und ist erst wĂ€hrend dieses Studiums durch ihren Professor an der Fachhochschule auf Mahr und den Beruf der Applikationsingenieurin aufmerksam geworden, den sie heute erfolgreich und mit viel SpaĂ an der Arbeit ausĂŒbt.
Sabrina

Als Frau in der âMĂ€nnerdomĂ€neâ
Was ist dran an den Vorurteilen, Frauen hĂ€tten es schwerer als MĂ€nner in âMĂ€nnerberufenâ? Die positive Antwort vorweg: Keine unserer Kolleginnen kann dieses GerĂŒcht uneingeschrĂ€nkt bestĂ€tigen â es gibt allerdings Situationen, in denen ihr weibliches Geschlecht schon eine Rolle spielt oder gespielt hat.
Patricia sagt, dass sie von Kolleg:innen und FĂŒhrungspersonen nicht anders behandelt wird, als ihre mĂ€nnlichen Kollegen im Unternehmen. Allerdings seien Kund:innen in der Vergangenheit teilweise ĂŒberrascht davon gewesen, dass eine Frau die externen Schulungen durchfĂŒhrt. Oder am Telefon hĂ€tte man sie fĂŒr die SekretĂ€rin gehalten, nicht aber fĂŒr die Technikerin, die sie ist. âEs war nie abwertend gemeint, aber ich hatte dadurch schon das GefĂŒhl, ich muss mich besonders beweisenâ, sagt sie. Sabrina schildert, sie hatte vor ein paar Jahren noch deutlich mehr Probleme als heute. âBevor ich zu Mahr kam, war ich sieben Jahre lang in einem anderen Unternehmen tĂ€tig, wo es sehr schwierig war, sich als junge Frau durchzusetzen. Ich glaube aber, der MĂ€nnerwelt wird langsam bewusst, dass Frauen ebenfalls technisches VerstĂ€ndnis haben und wir ihnen nicht unterlegen sind.â Nicola sieht ebenfalls eine VerĂ€nderung in den letzten Jahren: âDie ersten Frauen haben den Weg geebnet, dass es jetzt so ist. Bei uns in der Abteilung spielt das Geschlecht keine Rolle.â Franziska fĂŒgt noch hinzu: âEinen Unterschied bemerkt man teilweise dann, wenn es um kreative Ideen fĂŒr Geburtstagsgeschenke geht. Da kommen die Kollegen dann doch gerne auf mich als Frau zu.â
Vanessa

Wo stehen wir â und wie gehen wir mit Mutterschaft um?
Auch, wenn sich also schon vieles positiv fĂŒr Frauen in technischen Berufen gewandelt hat, so gibt es natĂŒrlich noch Punkte, die adressiert werden mĂŒssen. Das Thema Mutterschaft ist fĂŒr Frauen, die Karriere machen möchten, oft noch eine hohe HĂŒrde, die manchmal unĂŒberwindbar scheint. Wann ist Karriere mit Kind vereinbar, und wann ist es das nicht? Es kommt, so die Erfahrung unserer Mitarbeiterinnen, massiv auf den Arbeitgeber an, denn ohne UnterstĂŒtzung und das Ermöglichen flexibler Strukturen haben Frauen es schwer, beides miteinander zu vereinen. Solche UnterstĂŒtzung durch den Arbeitgeber fĂŒr berufstĂ€tige MĂŒtter kann wie folgt aussehen:
- (TemporÀre) Anpassung des Zeitrahmens/ AnstellungsverhÀltnisses von Vollzeit auf Teilzeit
- Anpassung bzw. Verlagerung der Aufgaben- und TĂ€tigkeitsstruktur (z. B. vom AuĂendienst ins BĂŒro)
- UnterstĂŒtzung durch die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten
- Unternehmenseigene Kita
Vier unserer sechs befragten Mitarbeiterinnen sind MĂŒtter und nehmen z. T. die oben genannten UnterstĂŒtzungsangebote in Anspruch. Patricia sagt: âIch bin nicht mehr nur Anwendungstechnikerin, sondern auch Mama. Schön finde ich, dass mir die Möglichkeit geboten wurde und sich das so vereinbaren lĂ€sst.â Und Franziska ergĂ€nzt: âAuch das Homeoffice ist eine groĂe Erleichterung, ohne wĂŒrde es mir schwerfallen, Vollzeit zu arbeiten.â
Patricia

Machtvolle Sichtbarkeit: Was muss sich sonst noch verÀndern?
Alles in allem scheint die Sichtbarkeit von Frauen in technischen Berufen auf einem guten Weg zu sein. Aber der Anstieg der Quote geht nur sehr langsam; noch immer werden Frauen teilweise benachteiligt â vor allem in FĂŒhrungspositionen. Möglicherweise liegt dies daran, dass viele Stellenanzeigen nur fĂŒr MĂ€nner formuliert sind [Artikel auf Spiegel.de] oder dass mĂ€nnliche FĂŒhrungskrĂ€fte vorwiegend ihresgleichen, also andere MĂ€nner, einstellen [Quelle: allbright Stiftung]. Die wichtigste VerĂ€nderung, die geschieht und noch weiter geschehen muss, liegt aber im Verhalten der Frauen selbst: Ihnen fehlt oft der Mut, sich gegen mĂ€nnliche Bewerber in vermeintlichen âMĂ€nnerberufenâ zu behaupten, obwohl sie fachlich nicht minder qualifiziert sind.
Mit steigender Sichtbarkeit von Frauen in technischen Berufen sinkt gleichzeitig die Hemmschwelle fĂŒr andere Frauen, die sich bisher nicht trauen, in diesen Bereichen FuĂ zu fassen â so lauten die EinschĂ€tzungen unserer Mitarbeiterinnen. Ihre Botschaft an Frauen, die in technische Berufe hineinwollen:
- Glaubt an euch und eure FĂ€higkeiten und lasst euch nicht von eurem Umfeld verunsichern!
- Probiert euch aus und lernt, was euch SpaĂ macht! Die Klischees dĂŒrfen euch dabei nicht beeindrucken.
- Bildet euch weiter! Das ist wichtig fĂŒr euch selbst und dafĂŒr, neue Gebiete zu entdecken und nicht stehen zu bleiben.
- Habt Mut und vertraut auf eure StÀrken!
- Habt keine Angst vorm Scheitern! Es hilft euch dabei, euren Weg zu finden.
Nicola

Interessieren Sie sich fĂŒr einen technischen Beruf?
Bei Mahr bieten wir Ihnen einige Karrieremöglichkeiten, sowohl um sich auszubilden, als auch fĂŒr Berufserfahrene. Besuchen Sie uns gerne unserer Website!